Schorsch Kamerun inszeniert in der Dortmunder Nordstadt


Im Rahmen der Ruhrtriennale 2018 inszeniert Schorsch Kamerun, Deutschlands bekanntester Punk und Theaterregisseur aus Hamburg, ein Stück im Herzen der Dortmunder Nordstadt: Spielstätten sind der Rekorder und der Rekorder II.

Ob Goldene Zitronen oder der Golden Pudel Club in Hamburg, den er mit seinem Jugendfreund Rocko Schamoni betreibt: Schorsch Kamerun ist seit vielen Jahrzehnten aus der deutschen Punk- und Avantgarde-Szene nicht wegzudenken. Seit einigen Jahren arbeitet der Sänger, Autor und Clubbetreiber auch als Theaterregisseur. Im Rahmen der Ruhrtriennale 2018 hat er sich die Dortmunder Nordstadt als Spielstätte ausgewählt. 

„Die Dortmunder Nordstadt ist für mich interessanter als St. Pauli“, erzählt der Hamburger in einem aktuellen WDR Interview. Das Rauhe, das unaufregend Städtische, das ist es, was Kamerun hier so fasziniert. Im Gegensatz zu vielen anderen Teilen deutscher Großstädte ist die Dortmunder Nordstadt noch unbespielt und kann durch ihren Mangel an Ökonomisierung noch überraschen. Mit seinem Team sammelt er hier Inspirationen im Alltag der Menschen, die hier leben. Ab dem 23. August bis zum 7. September wird er das Gesammelte dann täglich in dem Musiktheaterstück „Nordstadt Phantasien“ aufführen. Im Gneisenau-Dreieck, draußen, drinnen, er wird uns überraschen. Das Gebiet zwischen Blücherpark, subrosa und Rekorder fasziniert den Hamburger. Im Anschluss an die Vorstellungen wird es im Rekorder, der an den Abenden als „Club Kohleausstieg“ fungieren wird, Konzerte geben.

Gentrifizierung eines Stadtteils als Kernthema
„Wir empfinden hier erste Merkmale in einer verlassenenen Gegend dafür, dass dies hier mal ein angesagter Kiez werden könnte.“ Das will Kamerun zu einem Kernthema seines Stücks machen. Gentrifizierung. Und ganz passend fragt der Interviewpartner nach, ob Kamerun als großer Gentrifizierungskritiker denn mit seiner Inszenierung nicht genau zu einer solchen beitragen würde. Noch passender schiebt der Interviewer nach: „Und vor allem, wenn man danach wieder abreisen kann.“ Kamerun weiß um die Problematik seiner Person: Auf der einen Seite ewiger Punk und Verweigerer, auf der anderen Seite ein Top-Gentrifizierer, wie er sich selbst bezeichnet. Er spricht von einer immer vorhandenen Ambivalenz: In der Kunst genauso wie in dem Aufwerten von Stadtteilen. Wird es eine Win-Win Situation für beide Seiten sein? Wird der Nordstadt etwas nachhaltiges bleiben, wenn Kamerun nach den Vorstellungen wieder abreisen wird?

Schorsch Kamerun auf dem Haldern Pop 2013 / Foto: Wikipedia

Schorsch Kamerun ist nicht der erste Künstler, der sich in der Nordstadt niederlässt und hier seine Inspirationen zieht. Auch ist er nicht der erste, der Anwohner und Kiezfiguren (ein Kiez ist es meiner Meinung nach jetzt schon) in seine Werke mit einfließen lassen will. Ob Kunst an dieser Stelle wirklich etwas bewegen kann, oder ob sie wieder einmal einen Haufen Geld ausgibt, um ein Problemviertel kurzzeitig für ihre Zwecke auszusaugen, das werden wir am Ende sehen. Mit Kamerun zieht tatsächlich eine der größten Hoffnungen für kurze Zeit in unsere Stadt. Denn er versteht die Nordstadt wie kaum ein anderer vor ihm. Wir freuen uns auf seine Nordstadt Phantasien. Die ersten beiden Abende sind übrigens schon ausverkauft. 

Alle Infos und Termine findet ihr findet ihr auf der Webseite des Rekorder und der Ruhrtriennale.
Das angesprochene und sehr empfehlenswerte Interview des WDR findet ihr hier

Nordstadt Phantasien
23.8. bis 7.9. 2018 im Rahmen der Ruhrtriennale in der Dortmunder Nordstadt.

Bjoern Hering

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