Hoch auf dem gelben Wagen: Der MINT Vinyl-Bus kommt


Seit November 2019 rollt ein quietschgelber amerikanischer Schulbus, umgebaut als mobiler Plattenladen, von Ort zu Ort. Am Steuer sitzt niemand geringeres als Michael Lohrmann, Herausgeber der MINT, das bekannte Magazin für Vinylkultur. Seine Mission: Kommst du nicht zur Schallplatte, dann kommt die Schallplatte zu dir.

Seit längerer Zeit reist Michael Lohrmann quer durchs Land, um seiner Leidenschaft nachzugehen: Plattenkisten zu durchstöbern, Sammlungen aufzukaufen und sich mit Gleichgesinnten fachlich auszutauschen. In den letzten drei Jahren allein erstand Lohrmann rund 20.000 Tonträger, viel zu viele, um sie nicht mit anderen Liebhabern zu teilen. Angelehnt an die damaligen Bücherbusse, die seiner Zeit die entlegensten Orte des Landes mit Literatur versorgten, entstand eines abends die Idee für den MINT Vinyl-Bus. Vinylfans leben bekanntlich nicht nur in urbanen Gegenden, sondern oft in Teilen des Landes, in denen kein Plattenladen vorhanden ist.

Einmal an die Donau und zurück

Zunächst einmal stellte sich die Frage nach einem geeigneten Gefährt für dieses Projekt. Groß genug sollte das Fahrzeug für einen rollenden Schallplattenladen schon sein, zugleich auffällig und außergewöhnlich. Prompt fiel die Wahl auf einen typisch gelben US-Schulbus und Michael Lohrmann wurde im vergangenen Mai nicht etwa in Übersee, sondern in Neustadt an der Donau bei KFZ Händler Alexander Liebl fündig. Ein ausrangiertes Modell Baujahr 2003, original aus Florida, kam aus dem Fuhrpark des Spezialisten für US-Importe als geeignetes Fahrzeug infrage. Im August diesen Jahres war es dann endlich soweit und nach einer Einführung in Sachen Steuerung parkte Lohrmann das gelbe Vehikel auf dem Hof einer Autopolsterei bei Dortmund. Der Umbau nahm Schreiner und Schlosser, ebenso wie Elektriker und Innenausstatter, gleichermaßen in Anspruch. Am Ende entstand ein Plattenladen auf Rädern, mit der Möglichkeit, rund 3500 Tonträger anzubieten. Ein kleines Highlight an Board ist die Hifi-Anlage, um das Probehören der schwarzen Scheiben zu ermöglichen.

Michael Lohrmann und sein Vinyl-Bus / Foto: Lea Franke

Very good plus – Darf es etwas mehr sein?

Rund 15.000 Exemplare aus diversen Schallplattensammlungen bestanden Lohrmanns kritische Qualitätskontrolle. Vinyl, dessen Zustand für Cover und Tonträger VG+ (very good plus) unterschreitet, ist nur in einigen Ausnahmefällen mit an Bord, zum Beispiel Kraut- und Psychedelic-Raritäten. Fünf Plattenwaschmaschinen waren für die Reinigung des Sortiments 60 Tage lang im Dauereinsatz und so wurde es möglich, mit der Unterstützung eines MINT-Mitarbeiters knapp 250 Schallplatten pro Tag zu säubern und in brandneue Innenhüllen mit beigelegtem Original-Sleeve zu verpacken. Trotz des großen Aufwands wird das Vinyl im Bus zu fairen Preisen angeboten. Michael Lohrmann verfolgt die Idee, die Platten immer etwas günstiger als beim jeweils günstigsten Discogs-Anbieter Deutschlands zu verkaufen. Die musikalische Auswahl im gelben Gefährt spiegelt die Themen des MINT-Magazins wieder und somit erwartet den Besucher im Sortiment Stücke aus den Genres Rock, Pop, Jazz als auch Blues, Reggae, Black Music und Electronica. Auf Lohrmanns Sammlertouren stieß der Vinyl-Liebhaber auf teils ungespielte Indie-Raritäten aus den 90ern und auch auf eine erstaunliche Zusammenstellung an Wave und Industrial.


Bis Dezember 2020 rollt der MINT Vinyl-Bus über die Straßen, um Vinylfreunden, die sonst häufig auf Bestellungen im Internet angewiesen sind, das haptische Gefühl und das Entdecken neuer Schätze für ihre Sammlung zu ermöglichen. Nach den ersten Tour-Terminen entpuppte sich der gelbe Bus als willkommene Anlaufstelle für Gleichgesinnte. Hier passiert mehr als nur der Verkauf von Tonträgern: Die Besucher tauschen sich über ihre Leidenschaft aus und tauchen für einen Moment in das Gefühl Teil eines Plattenladens zu sein, der wenig später wieder verschwindet.



Die Tour wird 2020 durch ganz Deutschland fortgesetzt.

Alle Fotos (c) MINT Magazin.
MINT im Web: https://www.mintmag.de
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Katharina Hering

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