Das große Comeback? Der Wolf macht Turbo Funk

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Er ist wieder da: Der Wolf / Foto: LJOE

Dortmund, Haus Frommberg. Hier sitzen wir, mitten in einer verblassten Kegelbahn, die ihre besten Zeiten schon lange hinter sich gelassen hat. Ein erstes Vorzeichen, auf das, was gleich hier passieren soll? Eine Neonröhre surrt einsam an der Decke, jemand drapiert erste Biere, Frikadellen und Mettbrötchen auf eine Papiertischdecke. Plötzlich fliegt die Tür auf und herein schneien die vier Herren von BOUNTY RECORDS, dem frisch gegründeten Hip Hop Label von Werbemanager Christian Hauck, Studiobetreiber Martin Zybon und Jens, der Wolf, Albert. 

Es ist soweit, der Wolf ist wieder da. Turbo Funk heißt das frisch erschienene Album. Wer mit etwas trainiertem Blick in den letzten Tagen durch Dortmund gegangen ist, dem sollte das nicht entgangen sein. #gibtsdochgarnicht Banner wurden des Nachts in der Stadt verteilt und kündigen das selbst für ihn unmöglich gehaltene Comeback nach 20 Jahren an. 20 Jahre, so lange ist seine Erfolgssingle „Gibt´s doch gar nicht“ schon her. Das für den Sommer 2007 angekündigte Album Wolf GTI wurde mehrfach verschoben und am Ende wegen Unstimmigkeiten mit der Plattenfirma komplett gekippt. „Am Ende vielleicht ganz gut so“, erzählt Jens, der Wolf, Albert in dieser lockeren Bier- und Frikadellenrunde, „viele Elemente wie Elektro und sogar Dubstep-Einflüsse auf Turbo Funk gefallen uns sehr gut und wären damals eh gar nicht denkbar gewesen.“ Bei einer nächtlichen Runde im Haus Frommberg in der Adlerstraße kam die Idee für BOUNTY RECORDS, daher sitze man jetzt auch an diesem eher ungewöhnlichen Ort. Und dann geht es auch schon los: Turbo Funk wird angespielt, die Mettbrötchen schwinden, die Kritiker hoffen auf neues Futter. Erst vor kurzem wurde der Song „Dortmund zweipunktnull“ veröffentlicht, auf dem der Wolf zusammen mit Rich Boogie und Jo Marie Dominiak das ach so schöne Dortmund besingt und damit in der Szene und weit darüber hinaus wieder einmal für viel Kopfschütteln sorgte.

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Eine Hip Hop Party im Haus Frommberg: Die Bounty Label Party zum Comeback / Foto: LJOE

Spott und Häme

Spott und Häme ist er gewohnt, der Wolf. Der Partyrapper, immer gute Laune, immer recht zweidimensional in seinen Texten. „Ich bin kein Partyrapper, “ dementiert er, „ich bin halt einfach positiv. Ich stehe nicht für Problemrap.“ Wohl aber für Hip Hop und dafür, wie er eigentlich sein soll: offen, positiv, integrativ. Wären alle so gegen ihn wie man landläufig behauptet, dann hätte er wohl kaum die Crème de la Crème der fest im Sattel sitzenden Dortmunder Hip Hop Szene für Turbo Funk um sich scharen können: Pure Doze und Funky Chris von Too Strong, Kopfschuss & Heideck, Sista Silk, NDN, um nur einige von fast 26 Features und Gästen zu nennen. Große Namen auf einem großen Comeback? Elektro-Swing, Funk und Hip Hop? Was kann Turbo Funk?

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Rich Boogie, Super Klep, Max Gyver und DJ Noise waren an den Turntables / Foto: LJOE

„Mir fehlen auf aktuellen Hip Hop Produktionen die Scratches“

Die Reise beginnt. „Wir haben auf Turbo Funk bewusst auf Samples verzichtet und alle Sounds und Beats selbst produziert und eingespielt“, so Martin Zybon. Der Wolf ergänzt: „Mir fehlen auf aktuellen Hip Hop Produktionen die Scratches. Wir haben Oldschool gedacht und viel gescratcht.“ Das stimmt, und das ist beim ersten Hören auch richtig geil. Scratches, gute Beats, knarrzende Bässe: Nie zuviel, dafür viel Humor, viel Wolf, W.O.L.F., rückwärts gesprochen Flow – und genau den hat er. Er hat richtig Bock auf diese Platte, nachdem er sich die letzten Jahre als DJ und Musikdozent in der Stadt herumgetrieben hat. BOUNTY RECORDS kam da gerade passend und Chef Hauck steuerte einen wunderbaren Surf- und Oldschool Autopark bei, den man bei ihm auch mieten kann. Das Image passt: ein positives Dortmund ohne Jo Marie, T1 Strandbulli statt Ferrari und polierte Tuner-Karre, Oldschool Roots mit aktuellen Referenzen. Als DJ weiß Jens Albert, was auf der Tanzfläche funktioniert. „Ich liebe es, Elektro-Swing aufzulegen und wollte das auch unbedingt auf der Platte haben.“
Fazit nach 5 Frikadellen: Das Album gefällt uns. Und zwar richtig gut. Kein Song gleicht dem anderen, einzig der recht eingeschliffene Wolf´sche Rapstyle verbindet Drum´n`Bass Sounds mit schmissigem Funk. Ganze 17 Tracks gibt es zu hören, mit schicken Hooklines und vielen klanglichen Überraschungen. Das gibt´s doch gar nicht! Ja genau, die Single aus dem Jahr 1996 wurde auch noch einmal rausgekramt und überarbeitet. Vor allem ein juristisches Meisterwerk: Es war gar nicht so einfach, die Rechte an seinem eigenen Song zurückzuerwerben.

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Scratches, Beatbox, ein doppeltes Live-Set: Die Bounty Label Party im Haus Frommberg / Foto: LJOE

Sein Geheimnis ist, dass er keins hat

An wen richtet sich Turbo Funk? Die Antwort birgt das ganze Geheimnis um das Phänomen Wolf: irgendwie an alle. Kein Szene-Slang, keine Message für 16jährige Teenies, keine Rebellion. Da hat der Wolf was von Sven Väth: Gute Laune! Ihm das aber wieder einmal vorzuwerfen, das wäre wirklich zu einfach. Denn er ist real, er ist da, ist zurück. Sein Geheimnis ist, dass er keins hat. „So!“, unterbricht Hauck die fußwippende Runde, „wer noch ein Mettbrötchen will, bitte zugreifen, ansonsten gehen wir gleich mal alle hoch zur Party, oder?“. 
Von oben dröhnen schon dicke Beats in den muffigen Keller herunter. Ein roter Teppich führt heute von der Adlerstraße hinein ins Haus Frommberg. Auf der Straße sammeln sich Scharen von Gästen. Der Wolf verschwindet im Menschenmeer und schüttelt Hände. Max Gyver, Super Klep und DJ Noise legen auf, wieder einmal die Crème de la Crème. Hier lacht schon lange keiner mehr über ihn. Es wird Zeit, dass das auch der Rest von Deutschland langsam mal kapiert.

Wolf GTi ist die neueste Auskopplung aus Turbo Funk und seit Freitag auf YouTube zu sehen:

Bjoern Hering

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