Indie in Dortmund – Seid ihr dabei?

Indie in Dortmund – Seid ihr dabei? / Foto: Mark Hougaard Jensen (CC BY-SA 2.0)

Die Ankündigung kam nicht ganz unerwartet: Kurz vor Weihnachten gaben die Veranstalter des WAY BACK WHEN bekannt, dass 2020 bedauerlicherweise keine Fortsetzung des beliebten Indie-Festivals im Herzen von Dortmund stattfinden wird. Es sei Zeit für eine Pause. Wir nutzen diese Auszeit um zu hinterfragen, wieso es überhaupt dazu kommen muss.

Als Präsentator bedauern wir sehr, dass in diesem Sommer kein Festival veranstaltet wird und haben uns nach dieser Nachricht unsere Gedanken dazu gemacht. Zugegeben hatte das kleine Musikliebhaber-Festival seine Ecken und Kanten, die aber vermutlich nicht die Hauptursache für die von Jahr zu Jahr schwindenden Besucherzahlen waren. Aus musikalischer Sicht war die Veranstaltung von Beginn an mit einem erstklassigen Line-Up aus der Indie-Szene gesegnet und obwohl das Programm im Laufe seiner sechs Ausgaben immer etwas kleiner wurde, mangelte es nie an Qualität.

Wo aber ist das Publikum in unserer Stadt, das sich an neuer unbekannter Musik erfreuen kann? Gibt es noch eine ernstzunehmende Indie-Szene in Dortmund oder ist “Indie“ nur noch eine Modeerscheinung? Hornbrille, Jutebeutel und Röhrenjeans sind noch lange kein Indi(e)kator für eine Leidenschaft und die Bereitschaft, unabhängige Musik entdecken zu wollen und sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen.

Kleines Festival, große Künstler

Zahlreiche Bands und Künstler, die in den vergangenen sechs Jahren im Rahmen des WAY BACK WHEN auftraten, erspielten sich im Laufe dieser Zeit auf zahlreichen Festivals in Deutschland und weit darüber hinaus einen Namen. Seitdem sind sie aus der alternativen Musiklandschaft nicht mehr wegzudenken. Kaum zu glauben, aber Friska Viljor, Mighty Oaks, WhoMadeWho, Allah-Las, AnnenMayKantereit, Aurora, Bilderbuch, Dotan, Fink, Ghostpoet, Hundreds, The Slow Show, The Soft Moon, Wanda, Faber, Giant Rooks, Parcels, Tocotronic, Von Wegen Lisbeth, We Are Scientists, We Were Promised Jetpacks, Drangsal, Gurr, Leoniden, Portugal.The Man, Roosevelt, Slowdive, Kat Frankie, All The Luck In The World, Die Höchste Eisenbahn, Altin Gün, Blood Red Shoes, Deerhunter, Kikagaku Moyo und viele mehr teilten sich beim WAY BACK WHEN Festival die Bühnen.

Money For Rope aus Australien beim WBW 2019 / Foto: LJOE

Während andere Liebhaber-Festivals mit konstanten Besucherzahlen und fast identischen Line-Ups über Jahre, gerade wegen ihrer erstklassigen Auswahl an neuen spannenden Künstlern funktionieren, ist das anfänglich starke Interesse an dem Dortmunder Festival von Jahr zu Jahr geringer geworden. Als Konsequenz daraus trafen die Veranstalter den Entschluss, das WAY BACK WHEN an einem anderen Spielort zu präsentieren. Im Sommer 2019 zog man von mehreren Spielorten der Innenstadt auf das Gelände des JunkYard in der Nordstadt. Der umgebaute Schrottplatz bot mit seinen zwei Bühnen und Außen- sowie Innengastronomie eine scheinbar perfekte Location, trotz allem blieb der von uns erwartete Besucherstrom aus. Verwunderlich in einer Stadt mit rund 50.000 Studenten und jede Menge junger Hipster. Als in den 2000er Jahren der „Indie-Sound“ durchs Land schwappte, war durchaus ein großes Interesse an unbekannten Bands spürbar. Was in der goldenen Take Me Out-Phase gipfelte und Bands wie Franz Ferdinand und Co in den ewigen Olymp erhob, basierte auf einer sehr begeisterungsfähigen Musikszene. Gegenwärtig besteht immer mehr der Verdacht, dass sich dieser Dunstkreis an dem goldenen Jahrzehnt festgebissen hat und an Engstirnigkeit leidet. Es fehlt eine ordentliche Portion Toleranz gegenüber der Tatsache, dass sich Indie-Musik konstant weiterentwickelt und stetig neue Bands hervorbringt, von denen einige schon morgen auf jeder Studie-Party rauf und runter laufen könnten. Dabei sollte sich aber die Neugierde auf das gesamte Spektrum der angebotenen Bands richten, denn die meisten von ihnen verzichten bewusst auf großen Kommerz. Eine freie musikalische Entwicklung gedeiht am besten ohne straffes Mainstream-Korsett und gerade deswegen gehören alle offenen Musikliebhaber ohne Scheuklappen vor die Bühnen. Vor allem bei der nachfolgenden Generation wäre es wünschenswert, sich auch mal auf ein Festival einzulassen, bei dem nicht schon mindestens drei bekannte Headliner im Programm angekündigt sind.

Ohren auf! In unserer Stadt finden regelmäßig qualitativ hochwertige Indie-Konzerte und auch kleinere Festivals statt. Seid ihr dabei?

Katharina Hering

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