Wie ich Bekanntschaft mit dem Meister-Spammer Vitaly Popov gemacht habe

Foto by tsevis / Flickr/ License: CC BY-NC-ND 2.0

Traffic is money. Das weiß auch Vitaly Popov, einer der aktivsten und nervigsten Spammer der Welt. Seine Methoden spielen sich auf Meta-Ebenen ab. Auch ich habe jetzt mit ihm Bekanntschaft gemacht.

Vitaly Popov scheint süchtig nach Fame. Seit zwei Jahren schon hackt sich der Russe in Google Analytics Accounts, um seine Nachrichten zu verbreiten. Wer zur Zeit darauf hereinfällt, hat nichts zu befürchten. Er hat dann auf jeden Fall aber schon mal von Vitaly Popov gehört. Aber beginnen wir von vorne.

Google Analytics gibt Webseitenbetreibern Informationen über seine Besucher. Auch Last Junkies On Earth benutzt Analytics. So erfahren wir, wie viele Besucher wir am Tag haben, welche Artikel besonders gut laufen, wie lange ihr so auf unserer Seite rumsurft, wie alt ihr seid, aus welcher Stadt ihr auf uns zugreift, welches Betriebssystem und welches technische Gerät ihr benutzt (Computer, Smartphone, Tablet) und so weiter. Keine Sorge: Wir erfahren weder eure Identität noch eure IP-Adresse. Als Auswertungs-Tool über das, was wir hier im Netz eigentlich so treiben, ist Analytics für uns Webseitenbetreiber immens wichtig. 
Zum Beispiel erfahren wir, von welcher Adresse im Internet aus ihr uns erreicht. Kommt ihr über Facebook zu uns, dann sehen wir das. Kommt ihr über die Webseite des Radiosenders Radio 91,2, weil ihr dort auf einen Link in einem Artikel über uns geklickt habt (zuletzt geschehen bei der Juicy Beats 2015, als der Sender über uns berichtete), dann sehen wir das. Diese als Referrer bezeichnete Information in Analytics ist ebenfalls sehr wichtig, denn so geht uns nicht durch die Lappen, wenn wieder mal jemand über uns schreibt und für Traffic auf unserer Webseite sorgt.

Traffic. Da ist es wieder, dieses Zauberwort der Content-Betreiber. Eine Webseite ist nur so gut wie ihr Traffic. Traffic erzeugt Bewegung, Traffic kann Geld erzeugen, wenn man Werbeanzeigen schalten möchte (wir haben uns bewusst dagegen entschieden), Traffic ist spannend, denn er ist immer wieder wie in einem Börsenspiel nach oben zu erhöhen. Alle Webseitenbetreiber kontrollieren und arbeiten kontinuierlich an ihrem Traffic. Das weiß auch der russische Spammer Vitaly Popov. Deshalb hat er es sich zur Aufgabe gemacht, für möglichst viel Traffic um seinen Namen zu sorgen. Und er greift sich genau die, die wie er süchtig sind nach Traffic: Uns Content-Webseitenbetreiber. Mit einem fiesen Trick umgeht er unsere Webseite und benutzt ein sogenanntes Measurement-Protokoll, um direkt unsere Referrer-Analytics-Daten zu beeinflussen.

Mit einem gefälschten Messprotokoll hat Popov auch unseren Analytics-Account manipuliert / Foto: Internet

Zuerst promotete Popov seine eigene Webseite, ein Google-Fake, den er mittlerweile zähneknirschend an Google abtreten musste. Im Dezember benutze er seinen Trick, um Analytics-Daten mit Pro-Trump Bullshit zu füllen. Das Magazin VICE.Motherboard wurde auf sein Treiben aufmerksam. Man widmete ihm einen Artikel – und wurde selbst zum Opfer: Diesen Monat registrierten wir auf unserem Last Junkies Weblog einen hohen Zugriff von VICE.Motherboard im „Referrer“. Wir wurden stutzig und klickten auf die Quelle, um zu sehen, warum uns das Technik-Magazin denn bitte verlinkt hat – stattdessen landeten wir einfach nur bei oben genannten Artikel über Popov, mit dem eilig eingefügten Nachtrag, dass man sich entschuldige: Der massenhafte Zugriff, den unser Analytics-Referrer zeige und das Magazin als Quelle angebe, sein ein Spam-Trick von Popov selbst, welcher massenhaft Blogs und Webseiten mit dem Artikel als Referrer-Quelle befeuern würde. Der Spammer selbst gab an, er tue das nur, um noch berühmter zu werden. Und weil er es anscheinend kann.

Auch VICE.Motherboard wurde Opfer von Popov. / Foto: Screenshot

Auch wenn Fake-Analysen doof sind und Spam im Analytics Account voll nervt: Irgendwie kann ich Popov nicht richtig böse sein. Schließlich hält er uns doch nur einen Spiegel vor und zeigt, dass nicht nur er einen kleinen Knall hat. Wir, die täglich diese ganzen Meta-Daten durchwühlen, ständig selbst auf der Suche nach mehr Anerkennung; Wir, die uns aufgeilen an winzigen Analytics-Schnipseln und noch so kleinen Meta-Einträgen, wir haben doch den weit größeren Knall, oder? Wäre Popov nicht Pro-Trump, würde ich ihn sogar ganz cool finden können. So aber halte ich es wie Michael Sitver, einem weiteren Popov-Opfer: Sitver ließ sich kurzerhand die Domain vitalypopov.com reservieren und leitet sie seitdem auf den Begriff „Arschloch“ im Urban Dictionary um.

Bjoern Hering

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